
Vielleicht bin ich hier überkritisch, aber die Satzkonstruktion scheint mir ein wenig problematisch. Der Kern des Satzes lautet:
'Die Gans entpuppte sich als Schlagloch, um das ich einen Bogen machte.' So als ob es eine Eigenschaft des Schlaglochs wäre, dass du ihm ausweichst.
vielleicht auch: entpuppte sich bei näherem Hinsehen nach und nach als (gansförmiges) Schlagloch...

Eine erste Antwort theoretischer Art. Die englische Grammatik würde sagen, es handelt sich hier um einen nicht-notwendigen Relativsatz (non-defining relative clause). Dieser ist grundsätzlich kommentierender Art. Und im Englischen werden diese Sätze vom Bezugssatz mit Komma und (NB!) Sprechpause abgetrennt. Mein Satz würde grob übersetzt dann so lauten: The goose turned out to be a pothole, which I avoided so as not to be thrown from my bicycle. Ohne Komma geschrieben und ohne Sprechpause gesprochen wäre der englische Satz inkorrekt und Dein Einwand würde zutreffen. Das Englische erlaubt in diesen Fälle übrigens kein "that" (ohne Komma davor) sondern es ist ein "which" (mit Komma) erforderlich. - Fazit: Den Relativsatz "..., um das ich einen weiten Bogen machte" als kommentierend und nicht als definierend verstehen, und mit Sprechpause lesen. Dann dürfte Dein Einwand nicht mehr zutreffen. Auch das Deutsche kennt diesen Unterschied, unterscheidet aber nicht durch Interpunktion. Danke für diese Denksportaufgabe am Sonntagmorgen! Ich hoffe, ich liege einigermaßen richtig und kann verstanden werden. Die Möglichkeit eines Irrtums meinerseits will ich nicht ausschließen.

Danke für deine sehr interessante Replik.
Ich muss meinen obigen Einwand modifizieren.
Natürlich kann man ein Schlagloch näher kommentieren: das Schlagloch, um das ich einen Bogen machte, entpuppte sich bei näherem Hinsehen als Ente.
Das wäre ein Satz, den ich als ganz richtig empfinde.
Man fragt nach dem Nebensatz: Was für ein Schlagloch hat sich als Ente entpuppt?
Eines, um das ich einen Bogen machte.
In deinem Satz war zur Zeit des Hauptsatzes (ich bin herangenaht und die Gans entpuppte sich nach und nach als Schlagloch) die Tatsache, dass ich später einen Bogen herum machen würde, jedoch noch keine nähere Charakterisierung des Schlaglochs. Es ist ein vorwegnehmender Kommentar, den ich irgendwie als Störung des zeitlichen Ablaufs empfinde.
Als was für ein Schlagloch hat sich die Gans entpuppt? Als eines, um das ich einen Bogen machte. Das kommt aber erst später.
Man liest oft solche Sätze wie „ Ich kaufte eine Wurstsemmel, welche ich auf der Stelle verzehrte“.
Wahrscheinlich ist es nur mein persönliches Empfinden, aber mir gefallen sie nicht.
Ich kaufte eine Wurstsemmel und verzehrte sie auf der Stelle.

Dazu nur eine vorläufige Replik. (1) m.E. zumindest theoretisch korrekt: Ich kaufte eine Wurstsemmel (PAUSE! und Komma) welche ich auf der Stelle verzehrte. (2) nicht korrekt: Ich kaufte eine Wurstsemmel, (keine Pause) welche ich auf der Stelle verzehrte. - Das Deutsche macht Kommas nach Struktur, das Englische nach Pausen. Daher wäre der englische Satz: I bought a hotdog, which I ate on the spot. oder so. Falches Englisch wäre: I bought a hotdog that I ate on the spot. Obwohl man es wahrscheinlich durchwinken würde. - Die kommentierenden Sätze sind nicht Kennzeichen der gesprochenen Sprache, so weit ich das noch weiß. Deswegen gehen sie Dir wohl auch gegen den Strich. Ich überlege mir, ob die Sache aus der Welt geschafft wäre, wenn ich meinen Satz sagen würde: "... um welches ich einen weiten Bogen machte". Mehr dazu vielleicht später. Watch this space.

Ich finde den Satz so, wie er jetzt ist, völlig in Ordnung. Die „kommentierenden Relativsätze“, die im Englischen als schriftsprachlich gelten, sind im Deutschen doch gang und gäbe. Auch eine Unterscheidung dieser beiden Typen ist meines Wissens charakteristisch für die englische Grammatik, nicht aber für die deutsche. ☺
Ich fühle mich hier ein bißchen an die Grammatiker des Mittelalters erinnert, welche die deutsche Sprache von der Warte des Lateinischen aus betrachteten. ☺

Danke für die Unterstützng, Lisa! Wenn ich die Sache von der englischen Grammatik her erklärt habe, so liegt es daran, dass ich mich dort besser auskenne. Es gibt aber beide Typen von Relativsätzen in beiden Sprachen - und sicherlich nicht nur in diesen - und nur das Englische markiert sie. Bei einem deutschen Relativsatz muss ich im Hinterkopf immer die Weiche stellen - ob ich es weiß oder nicht - ob es sich um einen definierenden oder einen kommentierenden Relativsatz handelt. Und ich denke unserem österreichischen Freund war nicht bewusst, dass es diese Weiche gibt und er fuhr auf der definierenden Schiene lang. Er war sozusagen auf dem falschen Dampfer. Und das passiert uns allen immer wieder. Und brauchinet gebührt ein großes Kompliment, finde ich, für sein Sprachgefühl! !.

Und seine Gefühle soll man ja auch ausleben, oder?
Aber nicht zu oft.
Danke für deine aufmunterndern Worte. :)

Mich treibt noch etwas anderes um; das Schlagloch hast du nun glücklich und sturzfrei umfahren, aber wie geht die Geschichte weiter??? ☺

Von wegen! Ich hatte plötzlich die Erleuchtung EIN TATOEBA-SATZ!, bin wie ein Duweißtschonwas nach Hause geradelt, habe den Läptopp angeworfen und dachte mir: Jetzt weiß ich, wie ich Lisa und Alexander dazu bringen kann, gemeinsam auf einen meiner Sätze zu reagieren. UND ES HAT FUNKTIONIERT! Ich danke Euch! John (raggione)

So ganz plötzlich?
Ehrlich gesagt, ich bin ein sehr ungeduldiger Leser, weshalb ich Fortsetzungsromane im Allgemeinen gar nicht mag, aber dieser hier scheint mir so ungemein spannend zu sein.

Danach ging doch erst richtig die Post ab! Kennst Du denn nicht diese berühmte Geschichte, in der John erst voller Geschicklichkeit das schon sprichwörtlich gewordene gänseförmige Schlagloch (die unscheinbare Nichtigkeit, die das große Abenteuer einläutet) auf seinem Fahrrad umrundete und danach plötzlich ...? Also wirklich! Alex!
(Bemerkung: Das hier stand vor Raggiones letztem Beitrag; ich mußte aber unbedingt etwas korrigieren.)

Danke, Lisa, für diesen Hinweis — "die unscheinbare Nichtigkeit, die das große Abenteuer einläutet" — offenbar ein wichtiger Kniff meisterhafter Erzähler. Ich werde es mir merken und in Zukunft darauf achten.
Und, lieber Raggione, du solltest unbedingt fortfahren — nein, nicht verreisen! — fortfahren, solche Sätze zu schreiben (sie dürfen auch weniger komplex sein). Es muss ja nicht gleich ein Jahrhundertroman draus werden (obwohl: das Jahrhundert ist noch jung, die Gelegenheit also sehr günstig!), aber eine packende Kurzgeschichte wird dir doch wohl locker aus der Feder fließen, da bin ich mir sicher. Und falls du zuweilen Anregungen für plötzlich aus dem Nichts hereinbrechende abenteuerliche Handlungsumschwünge brauchst, wende dich doch einfach an Lisa. ☺

Für alle Freunde von "Miniaturkurzgeschichten" hier eine kleine Kostpr☺be:
http://tatoeba.org/eng/sentences/show/2575266
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added by raggione, July 7, 2013